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ORTE DER REVOLUTION

Dresden

Hintergrund

Zwischen dem 1. und 8. Oktober 1989 nehmen auch in Dresden die Auseinandersetzungen zwischen Demonstrierenden und der Polizei sowie Staatssicherheit zu. In der Innenstadt, vor allem in und um den Hauptbahnhof eskaliert die Gewalt, als Demonstrierende versuchen auf die Züge zu springen, die mit Botschaftsflüchtlingen aus Prag in die Bundesrepublik fahren. Als am 8. Oktober auf der Prager Straße die Polizei Demonstrierende einkesselt, erwirken Kirchenleute den Dialog der „Gruppe der 20“ mit dem Oberbürgermeister. Dieser erste friedliche Dialog zwischen den Protestierenden und Vertretern der Staatsmacht beeinflusst die Friedliche Revolution entscheidend.

Die Demonstration am 7. Oktober 1989 in Dresden wird durch Sicherheitskräfte gewaltsam aufgelöst. Am Abend des folgenden Tages fordern Demonstrierende und Kirchenleute den gewaltfreien Dialog. Spontan werden per Akklamation Vertreterinnen und Vertreter aus der Menge ausgewählt: Die „Gruppe der 20“ nimmt am nächsten Tag ihre Arbeit auf. Heute erinnert die Stadt Dresden mit einer Platte am historischen Ort an die Ereignisse.

Quelle: Wikimedia Commons/SchiDD (CC BY-SA 3.0)

Die „Gruppe der 20“ am 9. Oktober 1989 im Dresdner Rathaus

Quelle: picture-alliance/ZB/Ulrich Hässler

Am Hauptbahnhof eskaliert die Gewalt

Ab dem 1. Oktober 1989 rollen Sonderzüge mit etwa 6.000 Botschaftsflüchtlingen aus Prag und circa 800 aus Warschau über das Gebiet der DDR in die Bundesrepublik.

Ausreisewillige Bürgerinnen und Bürger versuchen vor allem in Dresden auf die Züge zu gelangen. Vor und im Gebäude des Hauptbahnhofs versammeln sich Tausende und besetzen den Bahnhof sowie die Gleise.

Am 4. Oktober 1989 kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Demonstrierenden und der Staatsmacht. Polizei und Stasi verhaften etwa 1.800 Menschen. Gegen die Festnahmen entwickelt sich ein breiter Protest. Selbst bisher loyale Anhängerinnen und Anhänger der SED gehen zunehmend auf Distanz zur Regierung.

Vor dem Dresdner Hauptbahnhof werfen Demonstrierende Pflastersteine und stürzen einen Polizeiwagen um. Die Polizei geht mit Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken gegen die Protestierenden vor und nimmt zahlreiche Menschen fest.

Quelle: David Adam

Superintendent Christof Ziemer auf einer Veranstaltung im Herbst 1989 in der überfüllten Dresdner Kreuzkirche. Hier berichten Mitglieder der „Gruppe der 20“ über die Gespräche mit dem Oberbürgermeister.

Quelle: Dietrich Flechtner

Dialog statt Konfrontation

Am 8. Oktober 1989 kesselt die Polizei auf der Prager Straße die Demonstrierenden ein. Die katholischen Geistlichen Frank Richter und Andreas Leuschner suchen daraufhin den Kontakt mit der Polizeiführung. Sie erreichen, dass die Demonstrierenden sich hinsetzen und die Polizisten die Schilde niederlegen. Superintendent Christof Ziemer vermittelt ein Gespräch mit dem Dresdner Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer.

Das Stadtoberhaupt verspricht, sich am kommenden Tag mit einer Abordnung der Demonstrierenden, der „Gruppe der 20“ zu treffen. Diese fordert die Einführung eines Zivildienstes, die Freilassung der politischen Gefangenen, die Legalisierung des Neuen Forums, einen offenen und gewaltfreien Dialog in der Gesellschaft, das Recht auf friedliche Demonstration sowie Reise- und Pressefreiheit.

Das Zusammentreffen bedeutet die Anerkennung der Demonstrierenden durch die Staatsmacht und wird in vielen Städten zum Vorbild für die Konfliktlösung.

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